Lars Leuenberger war in der höchsten Liga als Cheftrainer noch nie die erste Wahl. Der SCB gibt ihm im Laufe der Saison 2015/16 bloss eine Chance, weil NHL-Coach Guy Boucher im Dezember 2015 des Amtes enthoben worden ist. Sportchef Sven Leuenberger schlägt seinen Bruder Lars Leuenberger als Nachfolger vor, der bereits als Assistent von Boucher gearbeitet hat.
Aber Marc Lüthi lehnt ab: Es gehe einfach nicht, dass beim SCB ein Brüderpaar die sportlichen Schlüsselpositionen Sportchef und Trainer innehabe. Punkt. Sven Leuenberger offeriert daraufhin seinem obersten Dienstherrn den Rücktritt als Sportchef und die Bereitschaft, eine andere Funktion zu übernehmen. Um seinem Bruder den Weg zu ebnen. Und so kommt es, dass Lars Leuenberger interimistisch Cheftrainer wird, als Assistenten den Elite-Juniorentrainer Marco Bayer (heute ZSC-Coach) zur Seite gestellt bekommt und Sven Leuenberger interimistisch die Elite-Junioren bis Saisonende übernimmt. Lars wird 2016 mit dem SCB und Sven mit den Elitejunioren Meister.
Weil Kari Jalonen bereits als SCB-Trainer für die neue Saison verpflichtet worden ist, kann Lars Leuenberger im Frühjahr 2016 auch als Meister nicht an der Bande bleiben. Beim Verband wird ihm Christian Wohlwend als U20-Nationalcoach vorgezogen. In Langnau ist er Kandidat, aber dabei bleibt es. Bis er 2020 interimistisch als Ersatz für Antti Törmänen Biel für eine Saison übernimmt, arbeitet er in Bern in die meiste Zeit als Scout. So hat er immerhin etwas mehr Zeit für seine Familie. Er ist mit der TV-Moderatorin Nicole Berchtold verheiratet.
Bei Gottéron ist Lars Leuenberger erneut erst als «Nottrainer» nach der Entlassung von Patrick Emond zum Zuge gekommen. Und nun hat er im Reizklima der Playoffs mit Jussi Tapola auch noch einen der erfolgreichsten Trainer Europas ausgecoacht. Der Finne ist das nächste «Opfer» mit grossem Namen.
Auf dem Weg zum Titel hat Lars Leuenberger im Frühjahr 2016 nacheinander die ZSC Lions mit Marc Crawford, Davos mit Arno Del Curto und Lugano mit Doug Shedden gebodigt. Und 2016 im Schlussspurt um den letzten Playoffplatz auf der Zielgeraden Lausanne mit Heinz Ehlers abgefangen. Wahrlich eine beeindruckende Erfolgsbilanz. Ja, wir dürfen ihn als meistunterschätzen Trainer in der Geschichte unseres Hockeys bezeichnen.
Keine Frage: Wäre Lars Leuenberger Kanadier, Finne oder Schwede und würde Larry Lionhill, Joona Leijonavuori oder Jesper Lejonfjall heissen, dann könnte er jedes Frühjahr die Offerten sortieren. Als Schweizer muss er hingegen froh sein, überhaupt einen Job an einer Bande zu bekommen.
Bei Gottéron ist er Patrick Emonds logischer Nachfolger geworden, weil er für nächste Saison bereits einen Vertrag als Assistent des neuen schwedischen Cheftrainers Roger Rönnberg unterzeichnet hat. So macht es Sinn, ihn bereits jetzt vorzeitig nach Fribourg zu holen.
Jeder Sieg in den Playoffs 2025 macht die Aufgabe von Roger Rönnberg ein wenig schwieriger. Lars Leuenberger wird als Assistent des Schweden zu hundert Prozent loyal sein. Da gibt es keine Zweifel.
Aber Gottéron ist eine Traumfabrik. Jedes Heimspiel ausverkauft. Rockt die Mannschaft im nächsten Herbst nicht richtig oder sollte – was noch schlimmer wäre – das Spektakel durch Taktik zu stark eingedämmt werden, dann werden sich nicht nur Romantiker an den Spengler Cup Triumph und das Viertelfinal-Drama gegen den SC Bern unter der Leitung von Lars Leuenberger erinnern. Und wer weiss, vielleicht geht die Reise ja noch weiter.
Es wird für Roger Rönnberg nicht einfach, einen Mitarbeiter zu haben, der sich bereits beim gleichen Klub als Chef glänzend und ruhmreich bewährt hat. Der neue Gottéron-Trainer arbeitete bisher in seiner ganzen Karriere nur wohlbehütet in den wohlgeordneten Strukturen des schwedischen Hockeys. Die helvetische Mentalität im Allgemeinen und das Sensler Dialekt im Besonderen sind ihm noch ein wenig fremd. Es wird kritisch, wenn bei Gottéron die Meinung aufkommt: «Mir heis mit äm Lars besser ghäbä …»
Es bleibt die Frage, warum Lars Leuenberger eigentlich noch nie die Anerkennung gefunden hat, die er eigentlich verdient. Dafür gibt es zwei Gründe.
Erstens gibt es nach wie vor einen gewissen Vorbehalt gegen Schweizer Trainer. Trotz der exzellenten Arbeit beispielsweise von Arno Del Curto, Luca Cereda, Thierry Paterlini, Jan Cadieux, Christian Wohlwend oder Patrick Fischer – und eines Triumphes in der Champions League 2025 mit Marco Bayer an der Bande. Schweizer Namen sind nach wie vor weniger «sexy». Das ändert sich nach und nach, aber spielt nach wie vor eine gewisse Rolle.
Zweitens ertragen Schweizer Spieler einen ausländischen Trainer eher, der in englischer Sprache tobt als einen Schweizer, der in Mundart, Hochdeutsch oder in Englisch mit Zürcher oder Berner Akzent Tacheles redet. Lars Leuenberger hat das Selbstvertrauen der Nordamerikaner und kann heftig toben, ist in seiner Art aber offen und direkt. Damit haben Schweizer Spieler Mühe. Sein Scheitern in Olten ist dieser Art geschuldet.
Kein anderes Brüderpaar hat unser Hockey in den letzten 30 Jahren so stark geprägt wie Lars und Sven Leuenberger. Sven Leuenberger, als Sportchef der Architekt von fünf SCB-Meisterteams, wechselt im Sommer 2017 zu den ZSC Lions, hat nun in Zürich bereits zwei Meistermannschaften und die Siegerequipe der Champions Hockey League zusammengestellt. Sein Vertrag läuft bis 2027.
Lars Leuenberger hat mit dem SCB die Meisterschaft von 2016 und mit Gottéron den Spengler Cup gewonnen. Zuvor waren die beiden auch als Spieler Meister: Sven Leuenberger als Verteidigungsminister 1989, 1991, 1992 und 1997 mit dem SCB und Lars Leuenberger als Stürmer 1997 mit dem SCB.
Die Reise von Sven und Lars Leuenberger ist noch lange nicht zu Ende. Lars ist erst 49 und Sven 55. Ein paar Meistertitel liegen da schon noch drin. Vielleicht sogar ein weiterer in dieser Saison.
Lausanne ist klarer Favorit! Lausanne muss.
Fribourg darf.
Ein Wort zu Lüthi und dass es einfach nicht geht, dass zwei Brüder...
Da zeigt sich seine Angst vor Machtverlust! Nichts anderes. Seit Sven in Bern weg ist stimmt die Hierarchie nicht mehr. Just sayin.