Sport
Eismeister Zaugg

Lars Leuenberger – der Gottéron-Trainer wird immer noch unterschätzt

Head Coach Jussi Tapola (SCB) ,rechts, gratuliert Head Coach Lars Leuenberger (HCFG) ,links, nach dem siebten Eishockey Playoff Viertelfinalspiel der National League zwischen dem SC Bern dem HC Fribou ...
Lars Leuenberger hat im Playoff-Viertelfinal Berns Jussi Tapola ausgecoacht.Bild: keystone
Eismeister Zaugg

Lars Leuenberger – der meistunterschätzte Trainer in der Geschichte unseres Hockeys

Nun hat Lars Leuenberger auch noch Jussi Tapola ausgecoacht. Kein anderes Brüderpaar hat die neuere Geschichte unseres Hockeys so stark beeinflusst wie Lars und Sven Leuenberger. Das kann für Gottérons neuen Trainer Roger Rönnberg ein Problem werden.
28.03.2025, 06:3928.03.2025, 16:28
Mehr «Sport»

Lars Leuenberger war in der höchsten Liga als Cheftrainer noch nie die erste Wahl. Der SCB gibt ihm im Laufe der Saison 2015/16 bloss eine Chance, weil NHL-Coach Guy Boucher im Dezember 2015 des Amtes enthoben worden ist. Sportchef Sven Leuenberger schlägt seinen Bruder Lars Leuenberger als Nachfolger vor, der bereits als Assistent von Boucher gearbeitet hat.

Aber Marc Lüthi lehnt ab: Es gehe einfach nicht, dass beim SCB ein Brüderpaar die sportlichen Schlüsselpositionen Sportchef und Trainer innehabe. Punkt. Sven Leuenberger offeriert daraufhin seinem obersten Dienstherrn den Rücktritt als Sportchef und die Bereitschaft, eine andere Funktion zu übernehmen. Um seinem Bruder den Weg zu ebnen. Und so kommt es, dass Lars Leuenberger interimistisch Cheftrainer wird, als Assistenten den Elite-Juniorentrainer Marco Bayer (heute ZSC-Coach) zur Seite gestellt bekommt und Sven Leuenberger interimistisch die Elite-Junioren bis Saisonende übernimmt. Lars wird 2016 mit dem SCB und Sven mit den Elitejunioren Meister.

ARCHIVBILD ZUM NEUEN LEITER SPORTSTRATEGIE BEIM SC BERN --- SCB Trainer Lars Leuenberger haelt den Meisterpokal hoch, bei der Meisterfeier des SCB am Samstag, 16. April 2016 auf dem Bundesplatz in Ber ...
Trotz Meistertitel bleibt Lars Leuenberger 2016 nicht Cheftrainer beim SCB.Bild: KEYSTONE

Weil Kari Jalonen bereits als SCB-Trainer für die neue Saison verpflichtet worden ist, kann Lars Leuenberger im Frühjahr 2016 auch als Meister nicht an der Bande bleiben. Beim Verband wird ihm Christian Wohlwend als U20-Nationalcoach vorgezogen. In Langnau ist er Kandidat, aber dabei bleibt es. Bis er 2020 interimistisch als Ersatz für Antti Törmänen Biel für eine Saison übernimmt, arbeitet er in Bern in die meiste Zeit als Scout. So hat er immerhin etwas mehr Zeit für seine Familie. Er ist mit der TV-Moderatorin Nicole Berchtold verheiratet.

Bei Gottéron ist Lars Leuenberger erneut erst als «Nottrainer» nach der Entlassung von Patrick Emond zum Zuge gekommen. Und nun hat er im Reizklima der Playoffs mit Jussi Tapola auch noch einen der erfolgreichsten Trainer Europas ausgecoacht. Der Finne ist das nächste «Opfer» mit grossem Namen.

Auf dem Weg zum Titel hat Lars Leuenberger im Frühjahr 2016 nacheinander die ZSC Lions mit Marc Crawford, Davos mit Arno Del Curto und Lugano mit Doug Shedden gebodigt. Und 2016 im Schlussspurt um den letzten Playoffplatz auf der Zielgeraden Lausanne mit Heinz Ehlers abgefangen. Wahrlich eine beeindruckende Erfolgsbilanz. Ja, wir dürfen ihn als meistunterschätzen Trainer in der Geschichte unseres Hockeys bezeichnen.

Keine Frage: Wäre Lars Leuenberger Kanadier, Finne oder Schwede und würde Larry Lionhill, Joona Leijonavuori oder Jesper Lejonfjall heissen, dann könnte er jedes Frühjahr die Offerten sortieren. Als Schweizer muss er hingegen froh sein, überhaupt einen Job an einer Bande zu bekommen.

Bei Gottéron ist er Patrick Emonds logischer Nachfolger geworden, weil er für nächste Saison bereits einen Vertrag als Assistent des neuen schwedischen Cheftrainers Roger Rönnberg unterzeichnet hat. So macht es Sinn, ihn bereits jetzt vorzeitig nach Fribourg zu holen.

Froelunda's Roger Roennberg during the game between Switzerland's HC Davos. and Froelunda HC, at the 95th Spengler Cup ice hockey tournament in Davos, Switzerland, on Saturday, December 30,  ...
Roger Rönnberg ist ab nächster Saison Cheftrainer von Fribourg – eine komplizierte Aufgabe.Bild: keystone

Jeder Sieg in den Playoffs 2025 macht die Aufgabe von Roger Rönnberg ein wenig schwieriger. Lars Leuenberger wird als Assistent des Schweden zu hundert Prozent loyal sein. Da gibt es keine Zweifel.

Aber Gottéron ist eine Traumfabrik. Jedes Heimspiel ausverkauft. Rockt die Mannschaft im nächsten Herbst nicht richtig oder sollte – was noch schlimmer wäre – das Spektakel durch Taktik zu stark eingedämmt werden, dann werden sich nicht nur Romantiker an den Spengler Cup Triumph und das Viertelfinal-Drama gegen den SC Bern unter der Leitung von Lars Leuenberger erinnern. Und wer weiss, vielleicht geht die Reise ja noch weiter.

Hockey haut dich um!
Auch in dieser Saison können die Schweizer Eishockeyfans ausgewählte Spiele im Free-TV mitverfolgen.

Das ganze Programm von TV24, 3+ und oneplus findest du hier.
TV24 Logo 3plus Logo
Fribourg's Head Coach Lars Leuenberger after the final game between Germany's Straubing Tigers and Switzerland's HC Fribourg-Gotteron at the 96th Spengler Cup ice hockey tournament in D ...
Leuenberger gewann mit Gottéron auch den Spengler Cup.Bild: keystone

Es wird für Roger Rönnberg nicht einfach, einen Mitarbeiter zu haben, der sich bereits beim gleichen Klub als Chef glänzend und ruhmreich bewährt hat. Der neue Gottéron-Trainer arbeitete bisher in seiner ganzen Karriere nur wohlbehütet in den wohlgeordneten Strukturen des schwedischen Hockeys. Die helvetische Mentalität im Allgemeinen und das Sensler Dialekt im Besonderen sind ihm noch ein wenig fremd. Es wird kritisch, wenn bei Gottéron die Meinung aufkommt: «Mir heis mit äm Lars besser ghäbä …»

Es bleibt die Frage, warum Lars Leuenberger eigentlich noch nie die Anerkennung gefunden hat, die er eigentlich verdient. Dafür gibt es zwei Gründe.

Erstens gibt es nach wie vor einen gewissen Vorbehalt gegen Schweizer Trainer. Trotz der exzellenten Arbeit beispielsweise von Arno Del Curto, Luca Cereda, Thierry Paterlini, Jan Cadieux, Christian Wohlwend oder Patrick Fischer – und eines Triumphes in der Champions League 2025 mit Marco Bayer an der Bande. Schweizer Namen sind nach wie vor weniger «sexy». Das ändert sich nach und nach, aber spielt nach wie vor eine gewisse Rolle.

Arno Del Curto
Der bislang erfolgreichste Schweizer Trainer der Geschichte: Arno Del Curto.Bild: Marcel Bieri

Zweitens ertragen Schweizer Spieler einen ausländischen Trainer eher, der in englischer Sprache tobt als einen Schweizer, der in Mundart, Hochdeutsch oder in Englisch mit Zürcher oder Berner Akzent Tacheles redet. Lars Leuenberger hat das Selbstvertrauen der Nordamerikaner und kann heftig toben, ist in seiner Art aber offen und direkt. Damit haben Schweizer Spieler Mühe. Sein Scheitern in Olten ist dieser Art geschuldet.

Kein anderes Brüderpaar hat unser Hockey in den letzten 30 Jahren so stark geprägt wie Lars und Sven Leuenberger. Sven Leuenberger, als Sportchef der Architekt von fünf SCB-Meisterteams, wechselt im Sommer 2017 zu den ZSC Lions, hat nun in Zürich bereits zwei Meistermannschaften und die Siegerequipe der Champions Hockey League zusammengestellt. Sein Vertrag läuft bis 2027.

Lars Leuenberger hat mit dem SCB die Meisterschaft von 2016 und mit Gottéron den Spengler Cup gewonnen. Zuvor waren die beiden auch als Spieler Meister: Sven Leuenberger als Verteidigungsminister 1989, 1991, 1992 und 1997 mit dem SCB und Lars Leuenberger als Stürmer 1997 mit dem SCB.

Die Reise von Sven und Lars Leuenberger ist noch lange nicht zu Ende. Lars ist erst 49 und Sven 55. Ein paar Meistertitel liegen da schon noch drin. Vielleicht sogar ein weiterer in dieser Saison.

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
HCD, SCB, ZSC und? Diese Klubs wurden schon Schweizer Hockey-Meister
1 / 13
HCD, SCB, ZSC und? Diese Klubs wurden schon Schweizer Hockey-Meister
HC Davos: 31 Titel, 6 seit 1986; zuletzt Meister: 2015.
quelle: keystone / ennio leanza
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Despacito mit Eishockey-Spielern
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
58 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Thomas_54
28.03.2025 07:51registriert November 2015
Sorry Klaus, aber wenn Lars Leuenberger es schafft Gottéron zum Meistertitel zu coachen, dann wird er "Roi de Fribourg" und braucht gar nichts mehr zu tun.
648
Melden
Zum Kommentar
avatar
samoo
28.03.2025 07:19registriert März 2025
“Wir hiis mitum Lars besser ghäbe.” Das wäre Senslerdeutsch - nur so als Info.
6712
Melden
Zum Kommentar
avatar
Jacques #23
28.03.2025 08:27registriert Oktober 2018
Ich glaube die Reise geht noch weiter, er stellt das Team sehr gut ein, das Team kann gewinnen und Berra hat entschieden, dicht zu halten.

Lausanne ist klarer Favorit! Lausanne muss.

Fribourg darf.

Ein Wort zu Lüthi und dass es einfach nicht geht, dass zwei Brüder...

Da zeigt sich seine Angst vor Machtverlust! Nichts anderes. Seit Sven in Bern weg ist stimmt die Hierarchie nicht mehr. Just sayin.
447
Melden
Zum Kommentar
58
    «Pilotes, demarrez vos Moteurs!» – hier eröffnet Federer die 24 Stunden von Le Mans

    Roger Federer hat seinen Tennisruhestand für einen weiteren Ausflug zu einem legendären Sportereignis genutzt. Nachdem er im April das Golf-Masters in Augusta und Ende Mai das French Open in Paris besucht hatte, gab der einstige Tennis-Superstar nun dem 24-Stunden-Rennen von Le Mans die Ehre. Und zwar nicht bloss als Zuschauer: Federer durfte den Motorsport-Klassiker eröffnen.

    Zur Story